Ein missverstandener großer Künstler
Ein Bekannter hat mich vor einigen Tagen einen ganzen Nachmittag davon zu überzeugen versucht, wie erschreckend es wäre, in welchem Ausmaß ein Künstler vom Format Anis Mohamed Youssef Ferchichis (auch bekannt unter seinem Pseudonym Bushi(do)) herab gewürdigt wird.
Ein Künstler, der in genialem Minimalismus nicht nur die Musik von allem Firlefanz, von jeder überflüssigen Komplexität befreit, sondern auch die Sprache kongenial reduziert auf das Wesentliche. Mit radikal verkürzenden und doch allsagenden Metaphern wie "fick", "Schwänze", "kacken" führt er die Musikliebhaber auf ihre archaischen Urgründe zurück. Eine minimalistische Musik, die in großartiger artifizieller Gestik das ICH auf den Ursprung des Seins reduziert und damit in einer dialektischen Umkehr Freuds laut heraus schreit: 'Wo ICH war, soll ES werden'.
Nicht, dass ich dies bestreiten wollte, ich finde nur keinen Zugang zu dieser Lyrik. Sicher sind Lieder wie "Stress ohne Grund" filigrane ästhetische Hochleistung und mir mangelt es nur an der archaischen Welterfahrung, um diese Texte wirklich in ihrer Tiefgründigkeit erfassen zu können. Ich kann dem Erbrochenen einfach keine ästhetische Qualität abgewinnen. Und doch will ich auch keiner, die daran Vergnügen hat, dies nehmen. Selbst die Analyse von Bushidotexten in einer kunstpsychologischen Fachzeitschrift hat mir nicht weiter geholfen.
[...] subtile Ausdrucksweise einer sensiblen Künstlerseele, die ihr homoerotisches Begehren nur als Hass heraus zu schreien weiß und die romantischen Gefühle für Claudia Roth, aus Angst vor Zurückweisung, nur in der Umdrehung äußern kann .[...] existentialistischer Schrei eines Künstlers, der aus der Gegenüberstellung des tief empfundenen eigenen ungestillten homosexuellen Verlangens und der sexualisierten Projektionen auf die Ersatzmutter Roth einen ästhetischen Spannungsbogen schafft [...]
Mein Bekannter meint, dass diejenigen, die einem Künstler wie Bushido unterstellen, er wäre in Wirklichkeit ein kleinkarierter homophober Spießer und ein Sexist mit Angst vor starken Frauen, die tiefen Abgründe dieses Künstlers verkennen.
[...] einer tragischen Gestalt von epischem Ausmaß, Opfer homophober Diskurse, leidend, nicht in der Lage seine wahre sexuelle Identität auszuleben [...]
Und meine Freundin Tina findet ihn einfach nur niedlich, als Animeliebhaberin drückt sie das nur etwas anders aus: "Bushi ist moe." 1.
Nur ich bin offensichtlich zu ignorant, um diese Texte zu genießen. Die einzige Entschuldigung, die mir dafür einfällt, ist wieder einmal meine Kakauabhängigkeit. Und da ich nicht auf Männer stehe, habe ich vielleicht auch ein gestörtes Verhältnis zum "phallischen Spiel mit verworfenen Signifikanten", das laut Fachzeitschrift Bushis Lyrik auszeichnet. Daran läßt sich aber nun mal nichts ändern.
Ada - Hannover, 2010 bis 2018 -
Fin
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Und noch ein kurzer Text; bu bu bushi bushido
Fußnoten
1 Tina schaut am liebsten BL-Anime.
Zuletzt aktualisiert 30.01.2021
Bushido - Ein missverstandener großer Künstler. Ein Text über Bushido, Homophobie, Claudia Roth, Sexismus, Ästhetik, RAP, Kunst, Stress ohne Grund, Musik, Anis Mohamed Youssef Ferchichi.
bu bu bushi bushido
für bushi
bushi-rap
ein bushido gewidmeter raptext auf dem hohem artifiziellen niveau seiner kunst, dabei aber abstrakt modern und deshalb auch in kleinschreibung
bu bu bushido
bushi bushi bushiidoo
bu bu bushi bushido
bu bu bubub bu bushido
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bu bu bu bu
bushidodo doshibo
bushido buschidi bushido
bushido bushido
kacken