Dem deutschen Volke



"Nationalismus ist nur etwas für Opfer, für alle die selbst kein Rückrat haben."


So sieht das zumindest Ingrid. Sie sieht auch in wesentlichen Teilen unserer Museen und des an Schulen vermittelten Geschichtsunterrichtes vor allem eine Technologie der Reproduktion des Mythos Nation und der Halluzination eines Einheitsvolkes.

"Der Nationalstaat ist eine Erfindung der Moderne, ideologisch wesentlich begründet durch die im 18ten Jahrhundert aufkommende nationale Geschichtsschreibung. Zum Beginn der Neuzeit mag dies durchaus eine Innovation gewesen sein, heute ist er nur noch ein Krücke, die wir überwinden müssen. Von Beginn an trägt der parallel sich durchsetzende Volkstummythos und die darauf aufbauende nationale Identität durch die Ablösung der religiösen Identität bei Übernahme ihres identitären Fanatismus den Kein von Gewalt und Unrecht in sich. Nation und Volk sind extrem erfolgreiche Strukturkonzepte und doch immer schon gleichzeitig Fehlentwicklungen."


Ich gebe ihr ja Recht, dass der Glaube an eine Art Nation oder Volk, als schon immer geschichtlich existentes, mit irgendeiner historischen Realität absolut nichts zu tun hat und die damit verknüpften Ausschließungen, Mord und Verbrechen bewirken, und doch dachte ich, ich versuche es mal Probeweise mit einer Volkszugehörigkeit.

Als Romantikerin, die ich bin, kann ich Geschichten über HeldInnen, Kämpfe mit Drachen und gegen Zauberei auch wirklich genießen. Nur fand ich bei den meisten völkischen Mythen gewinnen in der Regel die Falschen, ich finde mich immer eindeutig auf Seiten der Drachen, ZaubererInnen und anderer GegnerInnen des Volkes wieder. Die HeldInnen sind in der Regel männlich, meist ziemlich tumpe Langweiler und teils sogar Vergewaltiger. Ich finde bei dem mangelnden Identifikationsangebot, ist es wirklich nicht verwunderlich, dass ich ein Wurzelproblem habe. Vielleicht ist aber auch nur meine kulturelle Identität mangelhaft ausgebildet. Und ich bin nicht einmal zu einer Wurzeltheraphie bereit, verbohrt, wie ich bin.
Auch andere Hinweise zur völkischen Identitätsbildung haben mir nicht wirklich weiter geholfen bei der Suche nach meiner völkischen Identität. So habe ich auf Grund einer Rede von Beatrix von Storch, geborene von Oldenburg:

"Christlicher Glaube, Vaterlandsliebe und die Bereitschaft dem Vaterland zu dienen, ist für die große Mehrheit der Christen in der Welt selbstverständlich [...]. Die Vielfalt der Vaterländer ist das natürliche Abbild der Vielfalt der Schöpfung."
Beatrix von Storch


in der Bibel nachgelesen. Das Deutsche Volk wird da aber nirgends erwähnt, mein Zweifel an der Berechtigung der Existenz eines deutschen Volkes hat sich dadurch nur weiter verstärkt. Ich meine, wenn es nicht in der Bibel genannt wird. Ich befürchte nun, dass ich Beatrix von Storch mit in den Abgrund des Zweifels ziehe. Sie scheint das mit der Bibel und der nicht Erwähnung des deutschen Volkes noch nicht bemerkt zu haben. Und ich mag zwar Abgründe und fühle mich dort wohl, sie hat vor ihnen aber glaube ich Angst, nachher bin ich noch Schuld, wenn sie in die vierte Internationale eintritt. Die GenossInnen würden mir das garantiert nie verzeihen.
Auch die Bezugnahme auf die GermanInnen hat mir nicht wirklich geholfen, nachdem ich erfuhr, das die GermanInnen Menschenopfer dagebracht und diese auch verspeist haben. Wie soll ich mich denn damit positiv völkisch identifizieren? Das in einigen Feuerstellen auch verdächtig abgenagte Hundeknochen gefunden wurden, könnte ich als Katzenliebhaberin ja noch akzeptieren, aber Menschenfleisch.
Und selbst ein Film über Preußen hat mir nicht geholfen. Die Menschenschlächterei der Preußen passt zwar gut zu den Opferritualen der GermanInnen, und vielleicht hat der Begriff Frontschweine für Soldaten ja doch ein tiefere Bedeutung als gedacht, aber wieso ich mich mit einem militaristischen, sexistischen, Frauen verachtenden Staat identifizieren soll, war mir einfach nicht ersichtlich.

Ich bin weiter eine vaterlandslose Gesellin, ohne Volk, und das Schlimme ist, ich bedauere das nicht einmal, wurzellos wie ich bin. Identitär verknüpft nur mit der Internationale der KakaukonsumentInnen.


Ada - Hannover, 2018 -


Fin











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Und noch ein kurzer Text; Des Volkes Ritter von der traurigen Gestalt


















Zuletzt aktualisiert 30.01.2021





Dem deutschen Volke - Text über Volk, völkisch, Deutschland, Deutsche Nation, Nationalismus, Beatrix von Storch, Identitäre, Mythos, Volkstum, Identität, Wurzeln















Des Volkes Ritter von der traurigen Gestalt

"Die Deutschen sterben aus", "Deutschland schafft sich ab" (Sarrazin), die Deutsche Geistesgeschichte geht ihrem Ende entgegen und der letzte Deutsche kann in seiner Hütte nur noch für Volk und Vaterland die letzte Weise blasen. Nun wäre das nicht bedauerlich, wenn die Geschichte, die Botho Strauß für die deutsche Geistesgeschichte hält, zu Ende geht, weil dieses Volk nicht mehr bereit ist "Blutopfer" (Strauß) zu bringen.

Zwischenfrage an Herrn Strauß: Reicht es die "Blutopfer" zu bringen, oder müssen wir sie auch, wie die Germanen, verspeisen, damit das Volk wiederaufersteht? Das zweitere würde dann doch stark nach aktuellen Hollywood-Zombieserien klingen, Botho Strauß ist da vielleicht moderner als gedacht, Deutschland einig Zombievolk. Zumindest eine passende Beschreibung.

Auch das Aussterben der Deutschen vom Stamme Sarrazin (wo kommt der Name eigentlich her? (1)) wäre kein wirklicher Verlust. Und immer, wenn ich dies lese, denke ich, es besteht noch Hoffnung, endlich treten sie ab, nur dann glaube ich dass die Versprechungen:

"Dank der Einwanderung der Entwurzelten wird endlich Schluß sein mit der Nation." (Strauß)


sich doch wieder nur als leer erweisen werden. Und Strauß und Sarrazin sind auch nicht die einzigen vom Altenteil entwichenen Exakademiker mit Sangeslust.

"Viele Deutsche hat die fortgesetzte Mahnung an jene einen zwölf Jahre in ihrer Vorgeschichte geschichtslos gemacht." Frank Böckelmann


Ich verstehe das richtig, die Zeit des Nationalsozialismus gehört also nach Frank Böckelmann nicht zur deutschen Geschichte, die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus hat also nichts mit der Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte zu tun. Das deutsche Volk hat ja mit dieser Zeit auch wirklich nichts zu tun. Vermutlich geht Herr Böckelmann davon aus, Außerirdische hätten für diese 12 Jahre einen Bevölkerungsaustausch vorgenommen, eine bösartige Umvolkung - und Hitler war ja auch Österreicher, völkisch betrachtet gar kein Deutscher sondern ein volksfremdes Element, und fast so schlimm wie Merkel, die Volksverräterin.

Das ich dies alles für ausgemachten Unsinn halte, liegt vermutlich an meiner "thymotische[n] Unterversorgung" (Marc Jongen) die zur "flächendeckenden Wehrlosigkeit der Deutschen" (Marc Jongen) führt, obwohl ich gar nicht weiß, ob die Herren mich überhaupt als zum deutschen Volk gehörig betrachten würden und ob die Thymostheorie von Peter Sloterdijk für mich überhaupt gilt. Dabei ist der schöne deutsche Name Frankiewicz doch mindestens so deutsch wie die Namen Sarrazin, Jongen (2) oder Sloterdijk (2).

Ada



Endnoten

(1) Der Name Sarrazin ist französischen Ursprungs. Die Unterwanderung des deutschen öffentlichen Diskurses durch Volkszugehörige des Erbfeindes Frankreich des deutschen Volkes ist doch höchst bedenklich.
(2) Die Namen Jongen und Sloterdijk sind niederländischen Ursprungs. Wieso dürfen niederländische Volkszugehörige sich eigentlich überhaupt hier öffentlich äußern, wenn es doch ums die Existenz des deutschen Volkes geht? Die gehören doch gar nicht dazu.