Kein Grund zur Beunruhigung, dass Anlagekapital ist sicher
"Die Grünen sind der Schwanz mit dem der Finanzkapitalismus wedelt, bevor er uns zerfleischt."
Die Stimme kam vom Nachbartisch. Da ich mit dem Rücken zu ihnen saß, konnte ich die Sprechenden nicht sehen. Die Stimme eines Mannes, dann erklang eine andere Stimme, die Stimme einer Frau.
"Ach, meinst du?"
Die Stimme des Mannes wurde erneut hörbar.
"Die Politik der Grünen besteht auf Bundesebene darin, auf der einen Seite eine Politik mitzutragen, die die Grundversorgung dem Finanzkapital über-eignet, vom Wohnen, über Energie und Wasser, bis hin zum Landbesitz, und auf der anderen Seite, durch immer neue Auflagen alles zu verknappen und die Lieferketten zu zerstören. Und ..."
Die Frau unterbrach ihn und setzte seinen Satz fort.
"Ergebnis sind dann immer weitergehende Preissteigerungen, die den Extragewinnen der großen Kapitalholdings entsprechen. Die Monopolisierung des Ackerlandes in den Händen weniger großer Kapitalakteure führt z.B. zu immer höheren Pachtzahlungen, die dann wieder auf die Lebensmittelpreise umgelegt werden, bzw. zur Intensivierung der Flächennutzung mit ökologischen Folgeschäden führen und so weiter und ... Das erzählst du jedesmal, aber würde es nicht reichen, zu sagen: Kapitalismus ist scheiße."
Die Frau und der Mann redeten so laut, dass ich sie nicht überhören konnte. Dabei wollte ich ansich nur auf einem ruhigen Platz am Rand des Außenbereichs des Eiscafés eine Eisschokolade trinken und meine Gedanken schweifen lassen. Und nun drehten sich diese Sätze in meinem Kopf und verbanden sich mit meinem schlechten Gewissen aufgrund der unerledigten Hausarbeit Zuhause, die Truhe mit der dreckigen Wäsche quoll über. Die Grünen sind die Wäscheklammern, die die außen weißen Unterhosen auf der Leine hielten, die innen vom Urin und Stuhlgang eingefärbt waren. Selbst Kochwäsche half da nicht.
Vor meinen Augen tanzten im Wind an einer Wäscheleine grüne Wäscheklammern in Hundeform, die mit dem Schwanz wedelten - aus irgendeinem Grund wirkten sie dabei aber kein bisschen niedlich. Ich schüttelte mich und aß ein Stück Eis aus dem Becher mit Eisschokolade vor mir auf dem Tisch, dann nahm ich einen langen Zug mit dem Strohhalm. Doch die Sätze weigerten sich einfach zu verschwinden. Also dachte ich einen Augenblick darüber nach. Und auf einmal wurde mir alles klar.
In Wirklichkeit geht es den Grünen allein darum den von vielen vorausgesagten großen Börsencrash zu verhindern. Dank dieser Politik können die Investmentfonds nun wieder hohe Renditen ausschütten, ihre Investments in Immobilien, Landbesitz oder in die Kontrolle von Energie und Wasser steigen nicht nur im Wert, sondern werfen real Gewinn ab. Und dies ist Dank dieser Politik langfristig gesichert. Wohnen, Heizen, Wasser und Nahrung sind schließlich Dinge für die wir auch noch viel mehr bezahlen würden. Wir müssen uns keine Sorgen machen, dass die Investmentfonds ihr Geld verlieren. Es besteht also kein Grund zur Beunruhigung, unser Anlagekapital ist sicher. Und nur deshalb sind die Grünen bereit, die negativen Folgen, die Zerstörung der Ökologie, die Zerstörung der Grundversorgung, Obdachlosigkeit und Hunger in Kauf zu nehmen. Sie wissen halt, was wichtig ist.
Nur mir in meinem Kakauwahn scheint diese inzwischen auch von den Grünen unterstützte Politik fragwürdig. Und das nur weil ich kein Anlagekapital besitze. Dabei hat doch jede verantwortungsbewusste BürgerIn mit Aktien für ihre Rente vorgesorgt.
Ada - Hannover, 2022 -
Fin
Impressum:
Die Weiterverbreitung, Nutzung und Spiegelung des Textes ist ausdrücklich erwünscht.
Der Text steht unter der Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/ - This work is licensed under a Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 International License
Zuletzt aktualisiert 30.07.2022
Kein Grund zur Beunruhigung, dass Anlagekapital ist sicher - Text über: Grüne, Finanzkapitalismus, Politik, Kritik, Privatisierung, Grundversorgung